New Work reloaded – Wie erlebte Freiheit und Sinnfindung im Handwerksberuf die Arbeitgeberattraktivität neu definieren können

Grundlagen des New Work Konzepts und die Gründe für den Fachkräftemangel

„New Work“ ist ein Begriff aus den 1980er Jahren, der auf einer Idee von Frithjoff Bergmann beruht. Dieser hatte sein Konzept nach einer Ostblockreise als Gegenbewegung zur Arbeitswelt in sozialistischen Systemen entworfen, da er der Meinung war, dass Sozialismus und alle damit verbundenen gesellschaftlichen Umsetzungen, also auch die Art, wie im Sozialismus gearbeitet wurde, nicht tragfähig für die Zukunft seien. Als Ansatz wählte er dann unter dem Begriff New Work eine Idee, Arbeit so zu gestalten, dass sie Sinn und einen gewissen Grad an Freiheit beinhaltet. Seine Ideen verschwanden jedoch bald wieder in der Schublade und wurden erst in jüngerer Zeit unter dem Eindruck der vielen Megatrends des 21. Jahrhunderts wieder hervorgeholt und mit neuem Leben gefüllt.

Klimawandel und Klimaschutz, Digitalisierung und Globalisierung oder demografischer Wandel und Fachkräftemangel – alle wirken sich sehr stark auf Gesellschaften, Unternehmen und Mitarbeiter aus – auch und teilweise besonders stark in einigen Bereichen des Handwerks. Hier zeigt sich vor allem der Fachkräftemangel, der größtenteils mit einem schlechten Image zu tun hat, das sich über das Handwerk als schmutzig und schlecht bezahlt und die Handwerksbetriebe ausgebreitet hatte. Für viele Jahre war es sehr unattraktiv, eine Ausbildung im Handwerk zu beginnen und die Industrie lockte mit unterschiedlichsten Versprechungen die Auszubildenden und die Fachkräfte in Ihre Betriebe. Diese Zeiten sind vorbei – die Industrie hat es inzwischen auch nicht immer leicht, für manche ist ein Studium keine Lösung und das Handwerk bietet inzwischen sehr viele Möglichkeiten, im Anschluss an eine grundständige Handwerksausbildung noch weiterzumachen und einen Meistertitel oder einen Betriebswirt des Handwerks zu erlangen und auf diese Weise zum Beispiel mit dem Master Professional zu den akademischen Abschlüssen an Hochschulen eine Gleichstellung zu erreichen. Allerdings ist in vielen Handwerksbetrieben noch nicht wirklich angekommen, dass Mitarbeitende neben einem sicheren Beruf und einem guten Gehalt viele andere Aspekte wichtig sind, die, wenn sie in einem Betrieb authentisch gelebt werden, diesen Betrieb ganz besonders attraktiv machen können.

Die Idee des New Work stellt die Transformation von reinen Industriegesellschaften mit ihren überholten alten Modellen hin zu Wissens- und Informationsgesellschaften in den Mittelpunkt. Diese findet sich in allen Bereichen des Lebens wieder und zeigt sich auch und gerade in neuen Formen von Arbeit – auch im Handwerk. Mitarbeitenden sind Themen wie Wertschätzung und gute Führung, ein gutes Arbeitsklima und funktionierende Teambildung, eine gute technische Ausstattung zur Erleichterung der Arbeit, Flexible Arbeitszeitmodelle und Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Sinnhaftigkeit Ihrer Arbeit in einer Welt voll neuer Gegebenheiten und Anforderungen inzwischen viel wichtiger als die Höhe des reinen Einkommens. Dass das Geld stimmt, wird grundsätzlich vorausgesetzt.

Freiheit und Sinnfindung im Beruf als Aspekt der Attraktivität von Handwerk

Neue Arbeitsformen, die Freiheit und Sinn als einen Grundwert von Arbeit definieren, sind inzwischen auch im Handwerk angekommen. Freiheit zeigt sich dann etwa in flexibel gestalteten Arbeitszeiten (z.B. mit Teilzeitmodellen oder der 4-Tage-Woche), in beweglichen Arbeitsplätzen und neuen Formen arbeitserleichternder Digitalisierungsmaßnahmen (z.B. Mobile Offices oder mobile Endgeräte, die direkt auf der Baustelle von den Mitarbeitenden bedient werden können). Gefühlte Freiheit, Vertrauen und Wertschätzung für die Mitarbeiter hängt auch sehr mit einem modernen Verständnis von Führung zusammen, das sich von alten Strukturen löst, durch individuelle und situative Führungsformen, echte Wertschätzung und eine gelebte Feedbackkultur, die im Handwerksbetrieb authentisch gelebt wird. Dies bietet für Arbeitnehmer attraktive Möglichkeiten und neue positive Gegebenheiten, spart Zeit und Wege, schafft Verbundenheit mit und Bindung an den Betrieb und ermöglicht gleichzeitig mehr Work-Life-Balance.

Der Aspekt der Sinnhaftigkeit des Berufs ist ebenfalls ein in Zukunft noch wichtiger werdender Aspekt der Berufswahl und der Zufriedenheit mit der Arbeit im Handwerk.
Der Sinn, der bei der Arbeit und durch diese von den Mitarbeitenden individuell erfahren werden kann, ist im Handwerk seit jeher sehr deutlich sichtbar und spürbar. Die buchstäblich mit den eigenen Händen ausgeführte Tätigkeit zeigt sich in einem physisch sichtbaren Ergebnis, das im Handwerk in der Regel dem direkten Wohl der Menschen dient. Dies kann schon seit jeher durch Handwerker und Handwerkskunden erlebt werden, z.B. in Form von handwerklich erzeugtem Brot oder Wurst, die man essen kann, um den Hunger zu stillen. Es zeigt sich aber auch auf neuem Wege in der sparsamen Heizung und der stromerzeugenden Photovoltaikanlage auf dem Dach, die durch Handwerkskunst in Gang gesetzt, dem höheren Ziel der Klimawende dienen und somit direkt erlebten Sinn hervorbringen kann.

Diese neuen Formen von Arbeit bringen aber auch für die Handwerksunternehmer nicht zu unterschätzende Vorteile mit sich. Die Attraktivität der nach vorn gerichtet denkenden und handelnden Betriebe als Arbeitgeber steigt deutlich an und hält so dem Fachkräftemangel wirksam entgegen. Die Identifikation mit dem freiheitlich gestalteten und als sinnhaft empfundenen Handwerksberuf und die Zufriedenheit mit dem arbeitgebenden Handwerksbetrieb können so in Einheit ein positives Selbstverständnis der Mitarbeitenden schaffen, das der Idee des New Work weitgehend entspricht.

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